Was ist Neurodermitis?
Es ist wirklich zum aus der Haut fahren: Rote, schuppende, manchmal auch nässende Ekzeme und ein oft unerträglicher Juckreiz – das sind die typischen Symptome der Neurodermitis. Doch warum reagiert die Haut so empfindlich? Und was können Betroffene dagegen tun?
Neurodermitis – was ist das eigentlich genau?
Lange Zeit wurde angenommen, dass die oft sehr belastenden Hautsymptome auf eine Entzündung der Nerven zurückgehen. Heute weiß man aber: Eine defekte Barrierefunktion der Haut ist ein zentrales Merkmal der Erkrankung – und sie ist auch dafür verantwortlich, dass die Haut so empfindlich ist. Daher ist die Bezeichnung Neurodermitis, was so viel wie Nervenentzündung bedeutet, eigentlich veraltet – auch wenn sie immer noch sehr gebräuchlich ist.
Ärzte sprechen heute von einem „atopischen Ekzem“ oder einer „atopischen Dermatitis“:
- Ekzem und Dermatitis sind die Fachbegriffe für Hautentzündungen.
- Als Atopie wird eine erhöhte Neigung zu allergischen Reaktionen bezeichnet.
Besonders häufig tritt die Neurodermitis im Kindesalter auf. Bis zur Einschulung entwickeln etwa 10 bis 15 Prozent der Kinder eine Neurodermitis – Tendenz steigend. Die gute Nachricht: Bis zum frühen Erwachsenenalter verschwinden die Symptome bei etwa 60 Prozent der Erkrankten.1 Die Chancen, dass sich die Erkrankung sozusagen „auswächst“, stehen also gar nicht so schlecht. Dennoch: Auch bei Erwachsenen ist die juckende Hauterkrankung verbreitet. Bei den meisten Betroffenen tritt sie im Kleinkindalter erstmals auf.
Immer wieder wird die Frage gestellt, ob Neurodermitis ansteckend ist. Die Antwort lautet: Nein.
Symptome & Verlauf
Kennzeichen der Neurodermitis sind chronische oder immer wieder auftretende Hautentzündungen (Ekzeme), die oft mit einem starken Juckreiz einhergehen. Typischerweise treten die Hautsymptome phasenweise auf bzw. verstärken sich schubweise. Die meisten Patienten leiden unter leichten oder mittelschweren Formen der Erkrankung. Die Lebensqualität kann erheblich und langfristig beeinträchtigt werden. Selbst leichte Neurodermitis-Formen können psychische Belastungen zur Folge haben. Der Leidensdruck der Betroffenen entsteht vor allem durch den oft sehr starken Juckreiz. Aber auch die Hautveränderungen, die häufig an Gesicht und Händen auftreten, belasten viele Patienten.
Typische Symptome der Neurodermitis: Trockene Haut und Hautentzündungen mit Rötungen, schuppenden oder gar nässenden Stellen sind die typischen Hauterscheinungen, die meist durch einen quälenden Juckreiz begleitet werden. Hautrisse in den Mundwinkeln oder an den Ohrläppchen gelten als sogenannte „Minimalvarianten“ der Neurodermitis. Wie genau sich die Neurodermitis zeigt und an welchen Körperstellen sie auftritt, ist altersabhängig unterschiedlich. Mehr über die Symptome erfahren
Verlauf: Die Neurodermitis kann von Patient zu Patient unterschiedlich verlaufen, tritt jedoch in der Regel immer wieder auf. Auch die Dauer und Schwere der einzelnen Krankheitsschübe variieren. Obwohl eine Spontanheilung jederzeit möglich ist, entwickelt mindestens ein Drittel der betroffenen Kinder zumindest zeitweise auch im Erwachsenenalter Ekzeme.
Gut zu wissen: Die Haut von Betroffenen ist besonders anfällig für Infektionen (z. B. mit Staphylococcus aureus oder Pilzen), die unter Umständen schwer verlaufen können. Zudem leidet ein erheblicher Teil der Neurodermitis-Geplagten gleichzeitig auch an Heuschnupfen, Tierhaar-, Milben- und Nahrungsmittelallergien oder Asthma bronchiale.
Ursachen & Auslöser
Die genauen Ursachen der Erkrankung sind bis heute nicht vollständig erforscht. Inzwischen weiß man allerdings, dass die Gene eine wichtige Rolle spielen. Dabei scheint vor allem eine erbliche Veranlagung für Störungen der Hautbarriere und des Immunsystems von Bedeutung zu sein.
Verschiedene weitere Einflüsse können bei Neurodermitis-Patienten dazu führen, dass sich die Erkrankung überhaupt erst entwickelt oder es zu erneuten Krankheitsschüben kommt. Dazu zählen zum Beispiel Hautreizungen, Infekte, bestimmte Nahrungsmittel und Stress. Der Stellenwert dieser einzelnen Triggerfaktoren ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Mehr über die Ursachen erfahren
Wie wird eine Neurodermitis diagnostiziert?
Trockene Haut, Rötungen, Juckreiz – und die Beschwerden kehren immer wieder. Diese klassischen Neurodermitis-Symptome, die bei der körperlichen Untersuchung begutachtet werden, geben dem Arzt bereits wichtige Hinweise für die Diagnose. Ein zentrales Kriterium ist dabei auch die altersabhängige Lokalisation der Hautveränderungen. Auffällig ist zudem, dass die Haut von Neurodermitis-Patienten weiß wird, wenn man kratzt (der Arzt macht das zum Beispiel mit einem Holzspatel oder einem Stift) – gesunde Haut reagiert hingegen mit einer Rötung.
Im Gespräch mit dem Patienten wird der Arzt zudem viele Fragen stellen, zum Beispiel wie lange die Beschwerden bereits bestehen, wann sie erstmals aufgetreten sind und an welchen Stellen es zu Hautveränderungen kommt. Da die Veranlagung für Neurodermitis erblich ist, wird der Arzt auch erfragen, ob Verwandte unter Neurodermitis oder Allergien leiden. Außerdem wird er versuchen, mögliche Triggerfaktoren zu ermitteln und abklären, ob womöglich auch Allergien wie Asthma oder Heuschnupfen bestehen.
Behandlung bei Neurodermitis
Derzeit ist kein Medikament verfügbar, das eine Neurodermitis heilen könnte. Eine geeignete Basistherapie kann jedoch dazu beitragen, akute Schübe zu vermeiden. Diese umfasst eine spezielle Hautpflege und die Vermeidung von individuellen Triggerfaktoren.
Um die Beschwerden im akuten Schub zu lindern, können in Abhängigkeit der Ausprägung der Symptome und ihrer Lokalisation verschiedene entzündungshemmende Cremes (z. B. Kortisonsalben, Calcineurininhibitoren) zum Einsatz kommen. Eventuell sind auch eine UV-Therapie (nicht im Kindesalter) und die Anwendung von juckreizlindernden oder – wenn die Haut mit Bakterien infiziert ist – antiseptischen Wirkstoffen sinnvoll. Bei chronischen, schweren Ekzemen bei Erwachsenen kann der Arzt sogenannte Immunsuppresiva (Tabletten) verordnen. Diese führen zu einer Unterdrückung des Immunsystems und bremsen auf diese Weise die Entzündungsreaktion in der Haut.
Wurde eine Allergie nachgewiesen, wird oft eine Hyposensibilisierung empfohlen. Denn bei vielen Patienten können zum Beispiel Pollen oder Tierhaare einen Neurodermitis-Schub auslösen oder verstärken. Mehr über die Neurodermitis-Behandlung erfahren
Tipps bei Neurodermitis
- 1 Leitlinie (S2k) Neurodermitis Langversion Version 2014